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Andrea Potzlers Vor-Allem-Bücher-Seite

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„Die vierzig Geheimnisse der Liebe“ von Elif Shafak


Ella, eine Hausfrau und Mutter unserer Zeit, die immer mehr die Distanz zu ihrem fremdgehenden Ehemann spürt, bekommt den Auftrag einen Roman mit dem Titel „Süße Blasphemie“ für eine Literaturagentur zu begutachten. Im Laufe der Lektüre tritt sie in Kontakt mit dem Autor des Buchs und erzählt ihm von sich und ihren Sorgen. „ Süße Blasphemie“ befasst sich mit der Zeit des Mystiker Rumi und einigen anderen Personen des dreizehnten Jahrhunderts, die sich um ihn scharen- von Prostituierten  bis zu Derwischen. Auf dieser Ebene erfährt man einiges über den Sufismus und bekommt einen sanftmütigen Islam präsentiert, der eine Alternative zu heute oft sehr kritisch betrachteten Aspekten eines radikal ausgelegten Islam bieten kann. 

Das Buch liest sich flüssig, allerdings fehlt es den Figuren an Farbe. Ella ist das Klischee einer unausgefüllten Hausfrau, die Figuren des Romans im Roman wirken ununterscheidbar blass, was auch an der einheitlichen Sprache aller liegen mag- erstaunlich, schließlich hat man es mal mit dem einundzwanzigsten und dann mit dem dreizehnten Jahrhundert zu tun. Auch die vierzig Geheimnisse der Liebe sind manchmal erhellende Überlegungen, meist eher uns bekannte Allgemeinplätze. „Wenn Gott alle Menschen gleich gewollt hätte, hätte er sie so erschaffen“, heißt es auf Seite 206 oder „Wenn du willst, dass andere dich anders behandeln, musst du zuerst dich selbst anders behandeln“, auf Seite 199. Auch ist mir nicht klar geworden, warum Ella auf einmal Gutachterin wird- es hätte für die Geschichte vollkommen gereicht und sie sogar plausibler gemacht, Shafak hätte sie als Leserin eingeführt, die mit dem Autor in Kontakt tritt. 

Das Buch verkauft sich offenbar nicht nur in der Türkei, sondern auch in Deutschland sehr gut und bot meinem Literaturkreis anregenden Diskussionsstoff – schließlich werden persönliche, historische und spirituelle Themen behandelt. Das allerdings kommt etwas locker und oberflächlich daher. Mir scheint es, als wäre das Werk von einer erfahrenen Autorin auf Erfolg gestrickt: In Ella können sich vermutlich einige Frauen wiederfinden, in den historischen Figuren dann auch solche Leser, die sich nicht nur unterhalten lassen, sondern auch weiterbilden möchten. Aber all das wirkte für mich eher gewollt als wirklich aus den Figuren heraus erzählt. Ein Buch, das mich nicht schrecklich aufgeregt, das mich aber auch nicht stark berührt oder fasziniert hat. 

Elif Shafak ist eine zeitgenössische Autorin, die mittlerweile in London lebt. Sie ist Tochter türkischer Eltern und hat in Ankara in Politikwissenschaft promoviert. 

„Jetzt noch nicht aber irgendwann schon“ von Martin Simons


Ich glaube, dass sich jeder für die meiste Zeit seines Lebens für unsterblich hält. Die Vorstellung, dass das eigene Bewusstsein irgendwann nicht mehr da sein könnte und damit wirklich alles, alles für einen verschwunden, ist uns nur theoretisch vollkommen klar. Aber so richtig bewusst, so dass man es durch und durch verstanden und irgendwie im Gefühl hat und sich in diese Tatsache einfindet- in so einem Zustand sind wir selten. So immer in Gedanken an das eigene Ende lässt sich der Alltag wohl auch nicht gut bewältigen. 

Autor Martin Simons beschreibt in seinem autobiographischen Büchlein „Jetzt noch nicht aber irgendwann schon“ wie ihn eine Hirnblutung ganz plötzlich aus der alltäglichen vermeintlichen Unsterblichkeit gerissen hat. Wie wird es weitergehen? Wird eine zweite Hirnblutung auftreten? Ist die Ursache gar ein Tumor, der zum baldigen Tod führt? Wird er wieder so leben können wie früher? Simons schreibt von einem Weihnachten im Krankenhaus, von all dem Warten, der Ungewissheit. Aber auch von seiner Familie, seinen Eltern, seiner Frau und dem kleinen Kind. Diese Ungewissheit und existentielle Bedrohung könnte einen als Leser natürlich unglücklich machen. So ein Buch kann aber auch genau das Gegenteil bewirken: besondere Dankbarkeit für das eigene Leben, dafür, dass vermutlich noch viel zu erleben und genießen bleibt. Und so habe ich mit Spannung und viel zu lange in die Nacht hinein immer weiter gelesen. Auch wenn durch die Tatsache der Autobiographie natürlich klar ist, dass der Autor überleben wird. Zumindest jetzt.

Auch der Titel ist dafür wunderbar gewählt. Simons beschreibt so, dass ich das Gefühl hatte, er ist selbst für seine Endlichkeit erwacht- irgendwann wird es vorbei sein, aber jetzt eben noch nicht. Will man so eine Erfahrung unbedingt selbst machen? Vielleicht lieber nicht. Aber darüber lesen , dabei über das eigene Leben durch die Erfahrungen eines anderen nachdenken, das ist doch immer wieder ungeheuer lohnend und macht einen großen Teil dessen aus, was Bücher für mich bedeuten. 

Sketching in Ljubljana with Ian Fennelly

This is all on location, watercolor, Tombow dual markers and a Carbon Ink pen- fineliners would also do the trick!


A look down the castle hill
The famous dragon bridge
The constant drizzle blurred my lines looking to the Franciscan monastery over one part of the three part bridge
Shelter from the rain under arches.
Too much rain made me find a nice and warm cafe to draw

„Marsch der Krabben“ von Arthur de Pins

Was für eine grandiose Graphic Novel in drei Teilen. Die Geschichte ist schnell erzählt: Es gibt Krabben, die nur in eine Richtung laufen können, immer vor und zurück. So sehen sie freilich wenig von der Welt. Eines Tages kommen zwei von ihnen drauf, dass sie sich gegenseitig tragen könnten und somit ganze andere Teile ihrer Welt sehen. In einer für sie lebensbedrohlichen Situation passiert dann das unglaubliche: Eine Krabbe dreht sich und alle stellen fest, dass es den Krabben all die Zeit sehr wohl möglich war, sich in andere Richtungen zu bewegen, dass sie sich dessen nur nicht bewusst waren. Welche Folgen das hat, wird hier wunderbar farbig geschildert.

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„Laufen“ von Isabel Bogdan

„Ein ein aus aus aus aus“. Das bewusste Atmen hält eine Frau am Laufen und auch ein wenig in ihrem Leben, wo doch eine große Erschütterung stattgefunden hat: Der Tod des geliebten Partners. In einem inneren Monolog, der ausschließlich auf ihrer Laufstrecke stattfindet, joggt die Protagonistin des kleinen Romans „Laufen“ von Isabel Bogdan zurück zu sich selbst. Die Wohnung gehört langsam wieder ihr, die Dinge finden wieder den rechten Ort in ihrem Leben. Vor allem die beste Freundin Rike steht für bedingungslosen, unkomplizierten Rückhalt. Die Regelmäßigkeit der Proben im Orchester und die Treffen mit dem Streichquartett sind für die Bratschistin die unhinterfragten Stützen ihres Alltags. 

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