Semiautobiographisch mit Horror- und Psychoanalyseanteilen- diese Beschreibung könnte man als Annäherung an das sehen, was Charles Burns in seiner vor kurzem erschienen Graphic Novel „Daidolos“ macht. Mit klarem Strich erzählt er von einer Party, auf der der Horrorfilm, den sein Freund und er gedreht haben, präsentiert wird und von Laurie, die sich ihm annähert. Er sitzt dagegen vor allem vor einem Toaster, in dessen spiegelnder Oberfläche er sich selbst sieht und abzeichnet- natürlich surrealistisch verändert.
Charles Burns gilt als einer der ganz großen amerikanischen Comiczeichner. Der Zeichenstil ist klar und markant, klare Linien und Farben, das Wandeln zwischen Traum und Wirklichkeit gut gemacht. Natürlich dürfen auch so einige sexuelle Anspielungen und Nacktszenen nicht fehlen- auch hier ist alles fremd und komisch mit einem Wandeln in einem Wald oder dem Eingehülltsein in einen riesigen Kokon. Auch die Beziehungen bleiben unklar, distanziert. Mag der Protagonist Laurie? Wie steht es um die Freundschaften?
Womöglich braucht es tiefgründige Analysen oder einen ganz anderen Zugang, um in dieses Universum wirklich eintauchen zu können. Oder die Erfahrung der vollständigen Desorientierung in der Teenagerzeit, in die Burns hier abtaucht, so dass man sagen kann: Das ist es, hier finde ich mich auch wieder. Oder zumindest: Da habe ich einen Zugang.
Ich lese, diese Graphic Novel ist etwas für „Fans der Popkultur“ (Andrea Heinze im Deutschlandfunk) und „schwer wegzulegen“ (Timur Vermes im Spiegel). Und tatsächlich hab ich das schmale Buch interessiert in einem Rutsch durchgelesen und vermutlich ist genau das eingetreten, was der Autor bezweckt hat: Befremden und Distanz. Ob ich das gut finde, kann ich momentan kaum sagen. Es bleibt jedenfalls eine eigentümliche Faszination und die Neugier, wie es weitergehen wird.
Reprodukt Verlag Berlin, 20 Euro
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