Jeden Tag aufs Eis- hier eine Pirouette, da ein Sprung. Die Illustratorin Tillie Walden war als Jugendliche beim ambitionierten Eiskunstlauf. Aufgeben war für sie für lange Zeit keine Option. Mit diesem Sport, aber auch ihrem Erwachsenwerden und ihrem Coming-out setzt sie sich in „Pirouetten“ auseinander.

Tillie Walden war schon mit fünf klar, dass sie auf Mädchen steht. Welche eher einschichtige Form der Weiblichkeit ihr beim Eiskunstlauf vorgelebt wurde, wurde ihr aber erst viele Jahre später klar. Vermutlich hat auch diese Erkenntnis wesentlich dazu beigetragen, dass sie beschloss, nun aber endgültig mit dem Eiskunstlauf aufzuhören. Trotz vieler Preise und Erfolge. Sie beschreibt, wie sie sich kaum zum Training aufraffen konnte. Um sich doch aufzuraffen, ging sie schon in der Eislaufkleidung ohne Zudecke schlafen und kühlte das Zimmer. So schlief sie schlecht, schaffte es aber zum Training.

Tillie Waldens Blick auf ihr eigenes Leben ist oft erstaunlich nüchtern. Da kommt viel von der Härte zum Tragen, die sie wohl auch im Training erlebt hat. Durchhalten, weitermachen, nicht zimperlich sein. Es hat auch etwas rein Faktisches, wenn sie erzählt, dass ihre Eltern die einzigen Eltern waren, die bei Wettkämpfen nicht jubelnd dabei waren.

Die Graphic Novel ist durchgehend in Blautönen mit etwas Gelb gehalten. Wunderbar stellt Tillie Walden in schlichten Bildern dar, wie sie wieder und wieder aufs Eis geht. Das wird mir als Leser nie langweilig, aber es wird klar, welche Mühe es für sie ist. Ungeschönt zeigt sie, wie sie sich weder in das vorherrschende Ideal der geschminkten, gestylten Eiskunstläuferinnen einfinden kann noch sonst leicht dazugehört.

Die eigentliche Geschichte des Buchs ist die der Selbstfindung und des Erwachsenwerdens. So ist die Graphic Novel auch für solche Leser eine wunderbare Lektüre , die dem Eiskunstlauf nichts abgewinnen können.

Reprodukt, 29 Euro