Ich habe heute knapp drei Stunden damit zugebracht, Filme anzuschauen. Das scheint so der Schnitt der meisten Menschen am Tag zu sein. Ich bin ganz gerädert. (Wie hält man das nur aus?) Meine Plattheit kann aber auch am Thema liegen.
Ich möchte rausfinden, warum das Plastik eigentlich so böse sein soll wie man es immer wieder rumoren hört. Klar, da gibt es die Bilder, die mich schier oder tatsächlich zum Heulen bringen mit Schildkröten, die Plastikstrohhalme in der Nase haben und Robben, um deren Hals Plastikringe festgezurrt sind. Aber ins Meer muss das Zeug doch erstmal kommen. Und wenn ich meine Paprikaverpackung in meinen gelben Sack werfe, so sollte sie doch wahrlich nicht im Meer landen. Soviel Vertrauen habe ich in meinen hiesigen Abfallzweckverband. Und ich glaube, mir würde sofort irgendwas abfallen, sollte ich Müll einfach in die Landschaft schmeissen.
Was sind neben der Meeresverschmutzung die anderen Probleme? Richtig interessant erläutert das der Film Plastic Planet aus dem Jahr 2009. Werner Boote hat sich aufgemacht, zu erforschen was hinter dem Zauberzeug steckt, für das sein Großvater so geschwärmt hat. 1907 als Bakelit auf den Markt gebracht, wurde es immer besser. Plastik ist sehr flexibel, leicht, formstabil, wenn man es braucht, in vielen tollen Farben zu haben. Und wir sind total abhängig davon. Ich tippe auf Plastik, ich kaue einen Plastikkaugummi nebenher und habe eine Plastikuhr am Arm.
Eines der Hauptprobleme ist, dass wir häufig nicht genau wissen, was nun in unserem Plastik ist, das wir da so glücklich als neues Gadget oder als Joghurtbecher heimtragen. So ganz genau lässt sich das oft kaum feststellen und die Hersteller sind nicht gerade erpicht darauf, sich in die Karten schauen zu lassen, zeigt der Film. So kann es sein, dass das Plastik unser Erbgut ruiniert und die Krebsraten nach oben schnellen lässt. Boote hat dafür 700 Studien zusammengetragen, zehn Studien verzeichneten, dass das alles Humbug und Plastik ungefährlich sei. Die zehn waren natürlich industriegesponsert.
Einen weiteren Film zum Thema Plastikmüll hat 3sat am 29.6. gezeigt: Müllmeister Deutschland . Der Film ist voller interessanter Fakten, z.B. darüber, dass wir es vom Recyclingmeister Deutschland zu Müllmeister gebracht haben. Vor lauter glücklichem Glauben an unser tolles Recyclingsystem ist die Müllvermeidung in den Hintergrund geraten. Ein großer Fehler. Recycling funktioniert bei Glas und Papier gut, bei Plastik aber kaum. 1995 hat jeder von uns 19 kg Plastik pro Jahr weggeschmissen, heute sind es 39 kg.
Ganz schön schwierig bis unmöglich ist es jedenfalls, das Zeug zu vermeiden. Eine Familie hat das einen Monat versucht und der NDR hat eine Doku draus gemacht. Schon an der Käsetheke des Supermarkts scheitern sie dann genauso wie ich: Käse gibt es nur in Plastikfolien, da kann man noch so schöne eigene Behälter dabei haben. Allerdings haben Urinproben ergeben, dass sie nach dem Monat weit weniger Plastik in sich hatten als vorher. Wie auch immer man das genau feststellt. Der Vater meinte, das sei doch auch ermutigend, es lohne sich also, das Zeug zu vermeiden.
Das alles gesagt habend: Es gibt natürlich hervorragende Verwendungsweisen für Plastik. Prothesen aus „Hochleistungskunststoff“ und Bauteile in einigen Maschinen. Problematisch ist vor allem das Plastik, das erst sehr weit reist, um dann bei uns einen Tag oder weniger als Verpackung oder Becher zu dienen und dann achtlos weggeworfen wird. Da würde einfach mehr Bewusstsein und eine eigene Tasche helfen.
Über die positiven Effekte des Tütenverbots in Ruanda berichtet die 3sat Doku „Müllmeister Deutschland“ ebenfalls: Die Straßen sehen sehr, sehr viel besser aus!
Mein Fazit: Weiterhin so gut es geht Plastikverpackungen vermeiden- die meisten sind sowieso vollständig unnötig. Außerdem auf plastikfreie Produkte umsteigen, wenn es geht. Auch da muss man gut überlegen, wie die Ökobilanz anderer Dinge ist. Wenn sich aber was ersatzlos vermeiden lässt (wie der eingeschweißte Ingwer), dann ist das in jedem Falle gut.
Ich kaufe keine Plastikdosen mehr, sondern solche aus Glas mit Plastikdeckel – nobody’s perfect. Ich nehme keine Tüten und offenes Obst und Gemüse, wo es nur geht, am liebsten vom Markt. Vermutlich hilft es auch, wenn man die Verpackung direkt im Laden lässt. Wenn das jeder macht, überdenken die Läden womöglich ihre Verpackungskultur. Jeden Tag ein bisschen besser. Ohne Plastik sehe ich es zumindest jetzt für mich noch nicht. Und einen Trost gibts für die Landeier. Die sollen nämlich im Schnitt nur ein Viertel des Mülls eines Städters verursachen!